Fragen zum Interview, das Theresa Bäuerlein mit dem Philosophen David Peña-Guzmán geführt hat, nach seinem Buch »When Animals
Dream«. krautreporter 26.9.2023
1.
Wie kommen Naturwissenschaftler darauf, Tiere mit Computern zu vergleichen und das für
wissenschaftliches Denken zu halten? Computer sind Geräte, die Menschen
konstruiert haben. Sie sind tot. Tiere sind Lebewesen, die uns in der Welt
begegnen, in der wir leben und selbst als Menschen entstanden sind. Sie sind
lebendig und wurden nicht von Menschen konstruiert. Was also kann und soll so
ein schräger Vergleich aussagen?
2.
Warum ist es „wichtig, keine menschlichen
Eigenschaften auf Tiere zu übertragen“? Wenn Menschen und Tiere weniger
unterschiedlich sind, als man früher annahm, ist es dann nicht gerade wichtig,
das zu sehen, was Mensch und Tier gemeinsam haben? Zumal in Zeiten des Denkens
in ökologischen Zusammenhängen? Wenn Peña-Guzmán (dankenswerterweise) über
„phänomenales Bewusstsein“ spricht, geht er dann nicht genau diesen Schritt?
3.
Könnte es sein, dass sich in Morgans Kanon das
alte Dogma widerspiegelt, dass zwischen Menschenwelt und Tierreich eine
gottgegebener Abgrund liege? Wohlgemerkt, er ist eine Faustregel und beruht
offenbar selbst nicht auf wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern soll die Suche
nach Erkenntnis leiten.
4.
Ist es nicht so, dass wir Menschen beim Träumen
Erlebnisse des Tages frei assoziativ mit Erinnerungen an frühere Erlebnisse
vergleichen? Dass wir also beim Träumen Inhalte des Kurzzeitgedächtnisses ins
Langzeitgedächtnis aufnehmen? Und welche Rolle spielt dieser Prozess bei der
Herausbildung unserer Persönlichkeiten?
5.
Könnte bei der Schimpansin, die von Kaffee
träumte, der gleiche Prozess abgelaufen sein? Wenn dem so war – entstand dabei
die Persönlichkeit einer Schimpansin, die Erfahrungen mit Kaffee hat?
6.
Stimmt es wirklich, dass aus der Beobachtung von
Bewusstsein bei Tieren folgt, dass wir Tiere nicht essen dürfen? Stimmt es
denn, dass Menschen Tiere essen, weil sie sich selbst für etwas Höheres halten?
Ist es nicht eher umgekehrt: Menschen essen Tiere, weil Bären, Wölfe, Hunde und
Katzen ebenfalls Tiere essen? Und wenn wir uns entscheiden, keine Tiere mehr zu
essen, liegt dem nicht gerade ein typisch menschlicher Zug zugrunde, der uns
tatsächlich von Bären usw. unterscheidet?
7.
Folgt aus dem historischen Hinweis Peña-Guzmáns
auf Rassismus und Patriarchat (ich ergänze: Sklaverei und Leibeigenschaft) in
der Menschheitsgeschichte nicht, dass das Konzept der Menschenrechte eine Errungenschaft
der menschlichen Kulturgeschichte ist? Wen dem so ist, wie frei steht es uns
dann, den Geltungsbereich der Menschenrechte zu definieren?